In der Vergangenheit hat die Inflation verschiedene Phasen durchlaufen
Die Inflation tendiert dazu, sich über lange Zeiträume hinweg in bestimmten Bahnen zu bewegen. So erlebte die Weltwirtschaft von der Nach-Volcker-Ära* 1987 bis ins Jahr 2020 eine Periode niedriger Inflation, die von verschiedenen positiven Ereignissen auf der Angebotsseite begleitet wurde. Dazu gehörten die Globalisierung (inklusive der von China exportierten Deflation), die Schaffung des EU-Binnenmarktes, die Senkung der weltweiten Zölle, technologische Entwicklungen, die die Produktivität verbesserten, die Zurückdrängung der Gewerkschaften und die Deregulierung.
Eine relativ niedrige Inflation war nicht immer der Fall. In den 1970er Jahren zum Beispiel gab es eine hohe und schwankende Inflation. Dies wurde durch eine lockere Geldpolitik (Zusammenbruch von Bretton Woods) und eine Reihe von angebotsseitigen Schocks, z. B. auf dem Ölmarkt, verursacht.
Höhere Inflationsvolatilität wird wahrscheinlich anhalten
Wir glauben, dass wir bei der Inflation in eine Phase höherer Volatilität eintreten werden. Dies dürfte zu häufigeren Änderungen der Zentralbankpolitik führen und zu entsprechender Volatilität bei Anleihen führen. Ausschlaggebend für diese Einschätzung ist die erhöhte Wahrscheinlichkeit negativer Schocks auf der Angebotsseite wie zum Beispiel:
- Zunehmende geopolitische Spannungen (Konkurrenz zwischen China und den USA) - führen zu einem Rückgang der Globalisierung (Zölle/Regulierungen/Onshoring von Lieferketten/Rohstoffhortung usw.).
Schaubild 1: Steigende geopolitische Unsicherheit
- Klimawandel - Regierungspolitik/mehr extreme Wetterereignisse.
- Änderungen in der Regierungspolitik - ein Anstieg der Staatsverschuldung und geringerer finanzpolitischer Konservatismus. Seit der Pandemie hat die Staatsverschuldung erheblich zugenommen und es gibt kaum Anzeichen für fiskalische Zurückhaltung, obwohl die Wirtschafts- und Beschäftigungslage in den letzten Jahren sehr gut war. In den USA beispielsweise wird erwartet, dass das Haushaltsdefizit im Zeitraum 2023-24 im Durchschnitt mehr als 6 % des Bruttoinlandsprodukts betragen wird und das trotz einer Arbeitslosenquote, für die eine durchschnittliche Quote von weniger als 4 % prognostiziert wird.
Schaubild 2: Wenig fiskalische Zurückhaltung in den USA, trotz starker Wirtschaft/Arbeitsmarkt
Eine neue Herausforderung für die Zentralbanken
Negative Schocks auf der Angebotsseite sind für die Zentralbanken schwieriger zu bewältigen als Schocks auf der Nachfrageseite. Das liegt daran, dass sie sich unterschiedlich auf das Wachstum (nach unten) und die Inflation (nach oben) auswirken - was bedeutet, dass die Zentralbanken der Stabilisierung der Inflation oder des Wachstums Vorrang einräumen müssen. Verschiedene Zentralbanken werden dies wahrscheinlich unterschiedlich angehen und angesichts der weltweit hohen Staatsverschuldung besteht ein erheblicher politischer Druck auf die Zentralbanken, die Anleiherenditen niedrig zu halten.
Was bedeutet das für die Diversifizierung?
Da Nachfrageschocks Wachstum und Inflation in die gleiche Richtung treiben, tendieren sie dazu, die Kurse von Anleihen und Aktien in entgegengesetzte Richtungen zu bewegen (negative Korrelation): Das heißt, bei starkem Wachstum steigen die Aktienkurse tendenziell, während die Kurse von Anleihen oft fallen. Wie unten dargestellt, war dies in den letzten 30 Jahren der Fall und ermöglicht es den Anlegern, von dem einzigen „free lunch“ auf den Märkten zu profitieren - der Diversifizierung.
Abbildung 3: In den letzten 30 Jahren war die Korrelation zwischen Anleihen und Aktien meist negativ
Anders verhält es sich bei angebotsseitigen Schocks, die Wachstum und Inflation in entgegengesetzte Richtungen treiben und daher die Kurse von Anleihen und Aktien in dieselbe Richtung treiben (positive Korrelation). Dies war über weite Strecken der letzten Jahre der Fall und untergräbt die üblichen Merkmale der Portfoliodiversifizierung. Während des größten Teils der Vor-Volker-Ära wiesen Anleihen und Aktien eine positive Korrelation auf.
Am Beispiel einer 60-prozentigen Allokation in US-Aktien und einer 40-prozentigen Allokation in US-Staatsanleihen, die monatlich neu gewichtet wird, zeigt das Diagramm das Verhältnis zwischen der Netto-Portfolio-Volatilität und der Summe der Einzelvolatilität der im Portfolio gehaltenen Vermögenswerte. Das Verhältnis ist der Diversifikationsvorteil zwischen den beiden Vermögenswerten.
Abbildung 4: Der Diversifizierungsvorteil einer Kombination aus Anleihen und Aktien ist seit der Pandemie gesunken, da die Volatilität der Inflation zugenommen hat.
Auswirkungen
- Wenn die Volatilität der Inflation höher ist als in den letzten 30 Jahren, ist es unwahrscheinlich, dass eine Kombination aus Anleihen und Aktien die gleichen Diversifizierungsvorteile bietet wie in der Vergangenheit.
- Anleger, die eine Verbesserung der risikobereinigten Renditen anstreben, sollten sich auf die Suche nach alternativen Anlagen/Strategien mit geringer Korrelation konzentrieren.
- *Paul Adolph Volcker war von 1979 bis 1987 Chairman der US-amerikanischen Notenbank Fed