In einer unbeständigen Welt werden neue Akteure zu wichtigen Motoren des Wirtschaftswachstums

China musste nach COVID zahlreiche Rückschläge hinnehmen und hat damit den Weg für Indien geebnet, das Wirtschaftswachstum der Schwellenländer (EM) anzuführen. Infolgedessen könnte Indien China bei der Gewichtung in Aktienbenchmarks überholen. Darüber hinaus gab es einen bedeutenden Boom im Bereich der Tech-Investitionen, von dem Länder wie Taiwan profitieren. Die breitere KI-Wertschöpfungskette hat sich auch stark entwickelt.

Während diese Themen die Schlagzeilen beherrschten, konnte man die Entwicklungen in Lateinamerika leicht übersehen. Mexiko und Brasilien sind überzeugende und kontrastreiche Beispiele für Länder, die anspruchsvollen Investoren viel zu bieten haben.

Die US-Wahl - die Rückkehr des "Zollkönigs"

Der Wahlsieg von Donald Trump in den USA könnte weitreichende Folgen für Schwellenländer haben. Die USA sind Mexikos Nachbar und sein größter Handelspartner. Mexiko ist verständlicherweise besorgt darüber, was als nächstes kommt. Eine große Herausforderung ist das USA-Mexiko-Kanada-Abkommen (USMCA), das 2026 überprüft werden soll.

Trumps Sieg hat die Diskussionen vorangebracht. Er hat bereits damit gedroht, Zölle in Höhe von 25 % auf alle Waren aus Mexiko zu erheben, diese Maßnahme dann aber um einen Monat verschoben. Eine Einigung könnte also noch gelingen. Bei Fortschritten in Richtung strengerer Grenzkontrollen, strengerer Einwanderungsvorschriften und Maßnahmen zur Bekämpfung des Drogenhandels könnte Trump seine Haltung entschärfen.

Die Verhandlungen sind nicht einseitig. Die Lieferketten der USA und Mexikos sind seit dem Handelskrieg zwischen den USA und China immer enger miteinander verflochten. Maßnahmen, die den mexikanischen Fertigungssektor erheblich stören, schaden den US-Unternehmen. Deshalb glauben wir, dass die langfristigen Auswirkungen des Handelsstreits trotz der Rhetorik gedämpfter ausfallen werden als befürchtet. Tatsächlich dürften die meisten mexikanischen Unternehmen die Auswirkungen verkraften, vorausgesetzt, die Grundpfeiler des Handelsabkommens bleiben erhalten.

Auf der anderen Seite wird Brasilien die Auswirkungen möglicher Zölle wahrscheinlich weniger stark zu spüren bekommen. Das Land hat sein Engagement in den USA, die nicht mehr sein größter Handelspartner sind, schrittweise reduziert. Die Auswirkungen von Zöllen dürften weniger schädlich sein als in früheren Konjunkturzyklen.

Es gibt indirekte Risiken. Trumps wachstumsfördernde Wirtschaftspolitik wird wahrscheinlich die Inflation in den USA in die Höhe treiben, was anhaltend höhere Zinssätze und einen starken Dollar bedeutet. Im Gegensatz zu den meisten Schwellenländern, die die Zinsen gesenkt haben, hat Brasilien die Zinsen als Reaktion auf die sich verschlechternden Haushaltsaussichten erhöht, was den Inflationsdruck verstärkte (derzeit 4,83 % gegenüber dem Zielwert von 3 %). Dies wurde durch eine robuste Wirtschaftstätigkeit und einen angespannten Arbeitsmarkt begünstigt. Der neue Gouverneur der Zentralbank, Gabriel Galipolo, hob daraufhin am 29. Januar den Zinssatz um 100 Basispunkte auf 13,25 % an und kündigte weitere Zinserhöhungen an [1].

Galipolo steht vor einem schwierigen Balanceakt. Eine Senkung der Zinssätze würde die Wirtschaft stützen, doch muss dies unter den richtigen Bedingungen geschehen, um die Unabhängigkeit der Zentralbank nicht in Frage zu stellen. Eine schwächere Wirtschaftstätigkeit und ein Rückgang der Popularität von Präsident Lula könnten die Regierung veranlassen, ihre linkspopulistische Agenda zu verstärken. Auf der anderen Seite könnte ein pragmatischerer Ansatz der Regierung eine Erleichterung für die Märkte darstellen. Die nächsten Monate werden aufschlussreich sein.

Politischer Wandel

In einem weithin erwarteten Ergebnis hat Mexiko Claudia Sheinbaum am 2. Juni 2024 zur Präsidentin gewählt. Die Stärke der Zugewinne ihrer Partei im Senat und im Kongress hat jedoch viele überrascht, ebenso wie ihre Zustimmung zu den umstrittenen Reformen des scheidenden Präsidenten Andrés Manuel López Obrador. Es wurde erwartet, dass Sheinbaum einige dieser Vorschläge abschwächen würde.

Nach dieser Nachricht sank die Stimmung der Anleger. Seitdem hat Sheinbaum Angebote an den Privatsektor gemacht. Viele hoffen, dass dies ein Zeichen für einen wirtschaftsfreundlicheren, pragmatischen Ansatz beim Regieren ist.

Auch Brasilien hat für Überraschungen gesorgt. Moody's stufte die Schulden des Landes kürzlich herauf, so dass sie nur noch eine Stufe unter Investment Grade liegen. Obwohl die Entscheidung für viele unerwartet kam, deutet sie auf eine halbwegs positive Einschätzung der Wirtschaft hin. Die Rating-Agentur verwies auf die Strukturreformen, die Brasilien seit 2016 durchgeführt hat, darunter die Sozialversicherung, der Arbeitsmarkt und eine Ausgabenbegrenzung. Eine der vielleicht wichtigsten Reformen ist die Unabhängigkeit der Zentralbank.

Die Märkte sind nach wie vor skeptisch, was den neuen Haushaltsrahmen von Lula angeht. Die Regierung könnte möglicherweise das diesjährige Ziel erreichen, was zu Beginn des Jahres noch unwahrscheinlich schien. Diese Reformen sind zwar zu begrüßen, doch handelt es sich um kurzfristige Maßnahmen. Die Regierung muss langfristige Maßnahmen ergreifen, um strukturelle Ineffizienzen in den öffentlichen Finanzen zu beseitigen und ein günstiges Umfeld für Investitionen zu schaffen. Dies muss jedoch gegen den Wunsch abgewogen werden, die gegebenen Versprechen einzulösen, einschließlich Sozialhilfe, Gesundheitsversorgung und Bildung.

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Umfangreiche Auswirkungen

Die Beziehungen Brasiliens zu China sind ein Risiko und eine Chance. Brasilien hat zwar gute Fortschritte bei der Diversifizierung seiner Handelspartner gemacht und ist vielleicht nicht mehr so stark auf China angewiesen wie früher, aber es bleibt ein wichtiger Markt. Dies gilt insbesondere für Rohstoffe, wobei rohstoffbezogene Unternehmen ein Drittel des brasilianischen Leitindexes ausmachen. Der erneute Optimismus in Bezug auf die wirtschaftliche Erholung Chinas, der durch verstärkte Konjunkturmaßnahmen gefördert wird, könnte die weltweiten Rohstoffpreise stützen und der brasilianischen Wirtschaft Rückenwind verleihen.

In Mexiko bleibt das Nearshoring weiterhin ein zentrales Thema, auch wenn es seinen bisheringen Höhepunkt in der zweiten Hälfte des Jahres 2023 erreicht hat. Der Markt für Industrie-Lagerhäuser - der von der Expansion traditioneller Industrien zur Bedienung der starken US-Nachfrage profitiert - bleibt heiß. Ebenso hat der Zustrom von Geld-Überweisungen in das Land dazu beigetragen, den Konsum zu stützen. Dennoch ist die Unterscheidung zwischen traditioneller handelsgetriebener Aktivität und neuer Nearshoring-Nachfrage, die durch Verschiebungen in der Lieferkette und geopolitische Faktoren ausgelöst wird, entscheidend.

Derzeit scheinen die Unternehmen abzuwarten, da sie auf Klarheit über die Neuverhandlung des USMCA und mögliche Zollankündigungen warten. Diese Ungewissheit wirkt sich auf den Zeitplan für Entscheidungsfindungen aus, obwohl die Grundlagen für das Nearshoring nach Mexiko weiterhin gut sind. Akteure im Bereich der Industrie-Immobilien in Mexiko räumen ein, dass es kurzfristig schwierig ist, neue Kunden zu gewinnen. Sie bleiben jedoch optimistisch, was die langfristige Nachfrage angeht, wenn die politischen und handelspolitischen Unsicherheiten gelöst werden, ohne den Trend zu bremsen.

Innovation und Chancen

Mexikanische und brasilianische auf den jeweiligen Inlandsmarkt ausgerichtete Unternehmen stehen vor Herausforderungen. Zahlreiche Unternehmen befinden sich entweder in der Defensive oder finden innovative Wege, um von strukturellen Rückenwinden zu profitieren. Einer dieser Sektoren ist die Fintech-Branche, die das traditionelle Bankwesen in beiden Ländern weiter verändert. Ein bemerkenswerter Name ist die brasilianische Nubank. Während das Unternehmen im Inland schnell expandiert, könnte die größte Chance in Mexiko liegen, wo nur 25 % der Bevölkerung über Kreditkarten verfügen. Ein weiterer wichtiger Akteur ist Mercado Libre, die größte Online-Zahlungsplattform in Lateinamerika.

Alle großen traditionellen Banken haben jedoch digitale Strategien entwickelt, um sich auf diese neuen Marktteilnehmer vorzubereiten. Dieser Prozess könnte dazu beitragen, die Gesamtgröße des Marktes zu vergrößern. Dabei fördern innovative Geschäftsmodelle die finanzielle Inklusion fördern und die allgemeine Bankendurchdringung vorantreiben.

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Abschließende Gedanken...

Mexiko und Brasilien haben viele Gemeinsamkeiten. Ihre Volkswirtschaften stehen vor kurzfristigen Herausforderungen und werden wahrscheinlich volatil bleiben. Sie weisen aber auch Unterschiede auf, die Anlegern eine Fülle von Möglichkeiten bieten.

Brasilien weist ein höheres Beta auf, da die Wirtschaft und die Finanzen der privaten Haushalte eine größere Hebelwirkung haben, was das Land empfindlicher gegenüber Zinsänderungen macht. Außerdem ist es stärker vom Schicksal der chinesischen Wirtschaft abhängig und im Inland fehlt es an einem offensichtlichen Wachstumskatalysator. Das drängende Problem bleibt jedoch die Haushaltsdisziplin. Die Möglichkeit eines politischen Regimewechsels oder einer pragmatischeren Politik könnte der Wendepunkt sein, an dem brasilianische Vermögenswerte wieder ansteigen.

Mexiko ist vielleicht die naheliegendere Anlageoption. Es gibt zahlreiche qualitativ hochwertige Unternehmen, die durch strukturelle Faktoren gestützt werden und ein gutes Ertragswachstum bieten. Allerdings gibt es erhebliche Zweifel an der Nachhaltigkeit der Handelsbeziehungen mit den USA. Die Märkte werden auch die Auswirkungen der kürzlich beschlossenen politischen Änderungen auf die mittelfristigen Wirtschaftsaussichten bewerten.

Als Anleger halten wir es für angemessen, in beiden Ländern vertreten zu sein. Wir bevorzugen eine defensive Ausrichtung der Anlagen und konzentrieren uns auf die Auswahl von Bottom-up-Gelegenheiten, um von attraktiven Bewertungen und potenzieller Volatilität zu profitieren.

 

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