Aktienanleger müssen angesichts der Besorgnis über die politische Unberechenbarkeit der USA, die Marktkonzentration und das übermäßige Engagement in US-Technologieunternehmen nach Diversifizierungsmöglichkeiten suchen.
An einem Tag, den er als "Tag der Befreiung" (Liberation Day) bezeichnete, gab Präsident Donald Trump endlich die Einzelheiten seines Plans für "gegenseitige" Zölle bekannt. Am nächsten Morgen reagierten die US-Aktienmärkte mit dem größten Tagesverlust seit den ersten Tagen der Covid-Pandemie.

Zu Beginn dieses Jahres waren die US-Aktien einer der wenigen Märkte weltweit, die seit der Wahl Trumps im November letzten Jahres Gewinne verbuchen konnten. 

Dahinter stand die Hoffnung, dass viele von Trumps erklärten politischen Zielen - wie Handelszölle und Einwanderungsreform – doch einer stärkeren Konzentration auf marktfreundliche Deregulierung und Steuersenkungen weichen würden. Außerdem sah es so aus, als würden die großen US-Technologieunternehmen die Revolution der künstlichen Intelligenz (KI) weiterhin dominieren. 

Doch schon vor dem "Tag der Befreiung" begannen sich diese Annahmen als falsch zu erweisen. Die US-Politik hatte stattdessen den Zöllen Vorrang eingeräumt und damit wirtschaftliche und politische Bündnisse erschüttert und Migrationsbewegungen ausgelöst.
Dies führte zu großer Unsicherheit in den USA und darüber hinaus. Andernorts zwang das chinesische Technologieunternehmen DeepSeek die Anleger, ihre Annahmen über die Führungsrolle der USA im Technologiebereich zu hinterfragen.

Free lunch

„Diversification is the only free lunch " ist ein Zitat, das dem amerikanischen Wirtschaftsnobelpreisträger Harry Markowitz zugeschrieben wird.

Markowitz ist vielleicht am bekanntesten für seine Arbeit an der modernen Portfoliotheorie, die die Bedeutung der Diversifizierung von Portfolios zur Risikominderung und Renditesteigerung hervorhebt. 

Da die Marktkonzentration in den USA in den letzten zehn Jahren immer ausgeprägter geworden ist (siehe Abbildung 1), ist es unserer Meinung nach jetzt an der Zeit für eine stärkere Diversifizierung.

Abbildung 1: Gewicht von US-Aktien in globalen Indizes, 2010-2025 (%)

Im Folgenden werden drei Möglichkeiten vorgestellt, wie Anleger ihr Portfolio diversifizieren können:

Diversifizierung nach Regionen

Das globale "De-Risking" im Jahr 2024 führte zu einem Rückgang der Allokationen der Anleger in den Schwellenländern - von 7,9 % im Jahr 2017 auf durchschnittlich 4,8 % Anfang 2025 [1]. Hingegen wird Asien in der heutigen unsicheren Welt als Investmentstandort immer attraktiver.

  • Indien. Indische Aktien begannen das Jahr 2025 mit einer dringend notwendigen Korrektur, die bereits im September letzten Jahres eingesetzt hatte. Dies hat dazu beigetragen, die relativen Bewertungen auf ein vernünftiges Niveau zu senken. Auch wenn sich das Gewinnwachstum verlangsamt hat, gehen wir davon aus, dass dieser Markt auch in Zukunft ein komfortables zweistelliges Gewinnwachstum erzielen wird.


    Aus technischer Sicht sind ausländische Anleger nach sechs aufeinanderfolgenden Monaten mit Nettoverkäufen nun untergewichtet, während inländische Investoren weiterhin Nettokäufer sind.


    Darüber hinaus bleibt die langfristige strukturelle Wachstumsstory Indiens intakt, und wir sehen weiterhin Raum für Unternehmen, die vom steigenden Konsum, der Erholung der Binnenkonjunktur und den Bemühungen der Regierung zur Ankurbelung des Tourismus profitieren.

  • China. Die Anleger fragen sich vielleicht auch, ob es wieder an der Zeit ist, in China zu investieren. Jahrelang litt das Vertrauen der Anleger und Verbraucher in China unter den harten Maßnahmen der Regierung gegen Immobilienkredite und den Sanktionen gegen Chinas Technologiechampions.


    Trotzdem gelang es China, die Anleger mit der Bekanntgabe von Innovationen in den Bereichen generative KI (DeepSeek), autonomes Fahren (God's Eye) und fünfminütiges Aufladen von Elektrofahrzeugen zu überraschen - und das alles trotz der US-Sanktionen und anderer Einschränkungen. 


    Die Bewertungen bleiben trotz der Rallye zu Beginn diesen Jahres attraktiv. Für Anleger, die bisher an der Seitenlinie gestanden haben, könnte jetzt ein geeigneter Zeitpunkt sein, um Chancen zu erkunden. Die Anleger können sich dabei für auf einzelne Länder ausgerichtete Lösungen entscheiden oder einen breiteren Investmentansatz verfolgen. 


  • Südostasien. Einige der wichtigsten Mitglieder des 10 Länder umfassenden Handelsblocks der Association of Southeast Asian Nations (ASEAN) waren bisher die Hauptnutznießer des Nearshoring - der Verlagerung von Geschäftsprozessen oder Produktion in ein nahe den Verbrauchsmärkten gelegenes Land aus Kosten-, Effizienz- oder Sicherheitsgründen.


    Die ausländischen Direktinvestitionen (ADI) in diesen Ländern haben zugenommen und den entsprechenden Rückgang der Investitionen in China ausgeglichen (siehe Abbildung 2).

    Angesichts der harten Zollmaßnahmen, die die Region am „Tag der Befreiung“ getroffen haben, werden die Investoren natürlich zunehmend besorgt über die künftige Entwicklung dieser Kapitalströme sein.


    Doch trotz dieser unliebsamen Überraschung profitieren diese Länder im Allgemeinen von günstigen demografischen Trends und einer wachsenden Mittelschicht. Darüber hinaus unternehmen Märkte wie Vietnam und Thailand Schritte zur Reform ihrer Kapitalmärkte und zur Verbesserung der Unternehmensführung. 

Abbildung 2: ASEAN-Direktinvestitionen gegenüber China-Direktinvestitionen, 2004-2025 (% des BIP)

Diversifizierung nach Größe  

Es ist gut dokumentiert, wie eine Handvoll der größten Unternehmen die Renditen in den Industrieländern angetrieben haben - mit nur acht Aktien, die für 50 % der globalen "Large-Cap"-Renditen im Jahr 2024 verantwortlich waren.


Aber die schiere Anzahl und Vielfalt kleinerer Unternehmen bedeutet, dass es in diesem Segment unmöglich ist, dass eine Handvoll Unternehmen - egal wie gut sie abschneiden - einen gesamten Index anführen, der Unternehmen mit geringerer Kapitalisierung oder "Small Caps" umfasst (siehe Abbildung 3).

Abbildung 3: Anteil von Small-Cap und Large-Cap an den 100 renditestärksten Unternehmen (%)

Diese Vielfalt macht Small Caps zu einem idealen Anlagebereich für diejenigen Anleger, die Fonds mit einem hohen aktiven Anteil (Active Share, einem Maß dafür, wie stark sich die Bestände eines Portfolios von seinem Referenzindex unterscheiden) und einer geringeren Korrelation zu Large Caps suchen. 

Die Aufnahme kleinerer Unternehmen in ein Portfolio wird in der Regel als zusätzliches Risiko angesehen. Wir sind jedoch der Meinung, dass Anleger im aktuellen Marktumfeld unkorrelierte Aktien hinzufügen müssen, um sicherzustellen, dass sie Diversifizierungsmöglichkeiten nutzen können. Zudem glauben wir, dass die potenziell höhere Renditen von Small Caps das zusätzliche Risiko mehr als ausgleichen.

Diversifizierung nach Themen 

KI und Technologie dominieren seit einiger Zeit die Marktstimmung. Zu einem bestimmten Zeitpunkt waren die Unternehmen der "Magnificent 7" in den globalen Indizes stärker gewichtet als die Unternehmen der nächsten sieben Nationen zusammen (siehe Abbildung 4). 

Abbildung 4: Mag 7 vs. Rest der Welt, MSCI All Country Gewichtung (%)

Vor diesem Hintergrund gibt es gute Gründe dafür, dass Anleger eine aktive Diversifizierung ihres Engagements in verschiedenen Themen anstreben sollten.


Ein Thema könnte zum Beispiel die sogenanten "Future Minerals" sein. Dieses Thema ermöglicht Anlegern ein Engagement in den wesentlichen Rohstoffen, die für die künftige Entwicklung der modernen Welt lebenswichtig sind. Durch Investments in Unternehmen, die diese Materialien fördern, verarbeiten und/oder recyceln, können Anleger von einigen langfristigen strukturellen Trends profitiren, wie z. B.:

  • Globale Elektrifizierung

  • Re-Industrialisierung der USA

  • Entwicklung der Schwellenländer

Die letzten drei Monate haben die strategische Bedeutung von kritischen Mineralien zweifellos verstärkt. Es ist bemerkenswert, dass eine der Hauptforderungen der US-Regierung an ein Friedensabkommen mit der Ukraine der Zugang zu den Bodenschätzen des Landes ist - darunter Lithium, Graphit, seltene Erden, Mangan, Titan und Uran.


Es hat auch den Anschein, dass der Wunsch der USA, Kontrolle über Grönland zu erhalten, darin liegt, sicherzustellen, dass sie die Kontrolle über die Mineralienvorkommen haben oder zumindest den Zugang zu diesen Mineralien behalten. Auch wenn einige dieser geopolitischen Schritte extrem erscheinen mögen, sind sie doch ein Beweis für die Bedeutung dieser Ressourcen. 

 

  1. ERFP, JPMorgan Consensus Asset Allocation, März 2025